Interview mit

Erdoğan Atalay

Erdoğan Atalay (56) gehört fast schon zu den Urgesteinen der deutschen Fernsehgeschichte. Denn seit 25 Jahren spielt er den Kommissar Semir Gerkhan in der RTL-Actionserie „Alarm für Cobra 11 – Die Autobahnpolizei“, die in mehr als 120 Ländern ausgestrahlt wird. 2021 wird die Serie eingestellt, 2022 folgen drei Eventfilme, die auf der Streaming-Plattform RTL+ ausgestrahlt werden.

Der in Hannover geborene Schauspieler ist bereits In seiner Schulzeit Mitglied der Theater-AG und bekommt mit 18 Jahren beim Staatstheater Hannover eine Nebenrolle. 1987 beginnt er ein Studium an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Nach einigen weiteren kleinen Theaterrollen bekommt er Gastrollen in TV-Sendungen. Den Durchbruch feiert er 1996 mit der Hauptrolle bei der RTL-Action­serie „Alarm für Cobra 11 – Die Autobahnpolizei“.

Erdoğan Atalay heiratet 2017 seine Lebensgefährtin Katja Ohneck, mit der er Sohn Maris (*2012) und Tochter Matilda (*2018) hat. Er ist Vater einer weiteren Tochter: Pauletta Pollmann (*2002).

Seit über 20 Jahren engagiert sich Erdoğan Atalay für das Kinder- und Jugendwerk „Die Arche“, das sich gegen Kinderarmut in Deutschland einsetzt. Er ist Projektpate des RTL-Kinderhauses „Die Arche Rostock“.

Ihre erste Rolle am Theater war 1984 in „Aladin und die Wunderlampe“. Sie sollen diese Rolle Ihrem forschen Auftreten zu verdanken haben, indem Sie am Staatstheater Hannover einfach gefragt hätten, ob Sie mitmachen können. Stimmt dies?
Ja, das ist richtig. Vorher habe ich mir das mit einem Freund, der Schauspielprofessor an einer Schauspielschule war, angeguckt. Der musste da hin, weil sein Vater etwas an der Schauspielschule inszeniert hatte. Damals in der Schule fand ich die Schauspielerei schon interessant. Die anderen Schüler haben immer gestört und ich habe sie gefragt: „Warum stört ihr denn so? Das ist doch schön, was die da machen.“ Dann habe ich mir das angeguckt und gedacht: „Das will ich auch.“ Dann bin ich zum Theater gegangen und habe gesagt: „Schönen guten Tag, ich habe da gestern so ein Stück gesehen. Ich finde das irgendwie interessant und würde da gerne mitmachen“. Und dann haben sie gesagt: „Naja das geht nicht, man kann nicht einfach so mitmachen (lacht). Das muss man lernen, da muss man studieren.“ Und dann fanden die das aber irgendwie so rührend, dass ich da so reinstolziert bin. Das waren zwei ehemalige Balletttänzer, die da im Betriebsbüro waren. Die konnten sich wohl an ihre eigene Kindheit erinnern und meinten: „Wir hätten da was als Statist, wenn du da Lust zu hast.“ Und dann habe ich auch noch Geld dafür gekriegt – 25 Mark pro Vorstellung.

Seit der dritten Folge spielen Sie den Kommissar Semir Gerkhan in der Serie „Alarm für Cobra 11“. Wie war es für Sie, als im vorigen Jahr verkündet wurde, die Serie wird nach 25 Jahren und insgesamt 381 Episoden eingestellt?
Das war ein Schock. Es zwar nicht so, dass man dies Zeit seines Lebens macht, das weiß man, wenn man in der Branche so lange arbeitet. Dass wir aber dann durch Corona gekillt werden, das kam für uns alle sehr plötzlich. Es hat sich in der Zeit auch wahnsinnig viel verändert in der Firma, wir haben sehr viele Leute entlassen müssen. Aber das gilt ja nicht nur für unseren Verein, sondern auch viele andere Leute, die auch darunter leiden, dass es diese Corona-Regelungen gab. Mal sehen wie es weitergeht.

Ab 2014 verkörperte Pauletta Pollmann, ihre Tochter aus erster Ehe, in „Alarm für Cobra 11“ auch ihre Serientochter. Wie ist es, mit der eigenen Tochter vor der Kamera zu stehen?
Das ist super. Das ist total klasse. Ich habe immer wahnsinnig gerne mit ihr gedreht, weil sie sehr gut ist. Zudem sie hat eine Intuition, sie ist nicht so …, ja man kann sich ganz normal mit ihr unterhalten, was sie so spielen will und welche Gedanken sie dazu hat. Sie so unkompliziert. Es macht einfach einen Heidenspaß, weil man sich auch kennt. Übrigens: Sie ist jetzt gerade im Kinofilm „Bibi & Tina – Einfach anders“ von Detlev Buck zu sehen.

Gemeinsame Drehs sind doch sicherlich auch ein Thema zuhause. Oder werden Berufliches und Privates getrennt?
Je nachdem, wie die Szene gelaufen ist. Wenn es gut war, braucht man nicht darüber reden. Wenn man sagt, da und da war es blöd, das machen wir das nächste Mal anders, dann sicherlich schon. So eine kleine Manöverkritik eben. Aber das muss nicht unbedingt sein. Das ist alles relativ gut und sauber, was wir da machen, also hoffe ich jedenfalls (lacht). Ich bekomme natürlich auch Kritik, ich bitte ja immer darum. Wenn man das schon so lange macht, wollen viele ja nix dazu sagen. Das finde ich ganz furchtbar, weil selbst, wenn man das so lange macht, kann man auch mal falsch liegen.

Ihr Vater war in der Türkei selbst Schauspieler. Wie sehr hat das Ihre schauspielerische Laufbahn beeinflusst?
Beeinflusst eigentlich weniger, weil die Schauspielerei für meinen Vater schon abgeschlossen war. Mein Vater hat das ja in den 50er-Jahren gemacht. Aber er wusste ungefähr, um was es geht und hat mir zumindest keine Steine in den Weg gelegt. Er hat zu mir gesagt: „Wenn du das möchtest, dann mach es.”

Bis 1995 haben Sie in Hannover, Hamburg und Berlin Theater gespielt. Wie kam es zu Ihrer Tätigkeit für den Fernsehsender RTL?
Ich wurde mal für „Marienhof“, das war damals eine ARD-Serie, eingeladen und für die Rolle eines türkischen Gemüsehändlers gecastet. Die Rolle habe ich aber nicht bekommen. Als es um die neue RTL-Serie „Alarm für Cobra 11“ ging, hat man sich an mich erinnert. Anscheinend fand man gut, was ich gemacht habe. Ich hatte dann mehrere Castings für die Rolle des „Semir Gökhan“. Bei der Produktion war schon von Anfang an geplant, dass es einen neuen Partner für Johannes Brandrup geben wird, wenn Rainer Strecker, der damals keine Serien machen wollte, aussteigt. Und dann habe ich ein paar Mal vorgesprochen und dann haben die mich genommen. Dann habe ich erst gedacht „Aha, das ist ja RTL … und RTL hat damals viel auf Video gedreht. Dann dachte ich „Gott im Himmel, ob das was ist?“. Aber dann habe ich gehört, dass sie das auf 35 oder 16 Millimeter drehen. Da wusste ich, ganz so banal kann es nicht sein, denn das alles kostet wahnsinnig viel Geld. Und dann dachte ich, das könnte doch was sein und habe dann gesagt: „Das mache ich gerne.“

Als Semir Gerkhan haben Sie in „Alarm für Cobra 11“ zahlreiche Autos zu Schrott gefahren. Als Erdoğan Atalay auch?
Also auf meine eigenen Autos passe ich immer sehr auf. Aber ich muss zum Leidwesen meiner Frau gestehen, dass ich immer ihr Auto irgendwo gegen fahre (lacht). Wie bei unserer Hochzeit, als ich an einem Pfeiler hängengeblieben bin. Aber ich repariere das Auto auch immer wieder!

Haben Sie ein Faible für Autos? Sind Sie ein „Petrolhead“?
Ein Benzinkopf? Ja, definitiv. Ich finde es aus energetischen Gründen aber nicht falsch, Elektroautos zu bauen. Wobei wir uns das gar nicht leisten können, wir haben das Energienetz gar nicht dafür, aber das ist eine andere Geschichte. Also wenn ich die Wahl hätte zwischen einem Elektroauto und dem guten alten „V8“, würde ich mich für den „V8“ entscheiden. Auch weil der Sound einfach total geil ist; das Brummen und der Geruch von Öl und Benzin. Ich liebe auch den Geruch von Kerosin. Ich weiß ich auch nicht warum. Das ist vielleicht etwas schräg, aber so ist das halt.

Welches Auto fahren Sie derzeit? Und was macht eigentlich Ihr Triumph Spitfire?
Den Spitfire habe ich lange nicht gefahren, er ist gerade wieder aus der Werkstatt und steht eingepackt zum Überwintern in der Garage. Ich bin auf die Rechnung gespannt – ich brauche wahrscheinlich ein Sauerstoffzelt, wenn ich sie sehe. Der Maserati, der in einer anderen Garage steht, wird jetzt wieder reaktiviert. Diese Autos habe ich schon über 20 Jahre. Könnte man sich auch mal von trennen, sind ja letzten Endes nur Fahrzeuge, aber der Maserati ist ein Assetto Corsa 3200 GT mit den Sichelleuchten, eine Rennversion, der ist nur 150 Mal gebaut worden. Und den anzulassen, ist einfach nur ein Traum. Das Geräusch ist einfach klasse. Der Wagen ist wunderschön. Ich liebe die Form, die baut man heutzutage gar nicht mehr.

Sie haben auch einen Motorradführerschein. Fahren Sie auch Motorrad?
Nein. Ich habe aber einen E-Roller, den habe ich mal ersteigert auf einer Charity. Der fährt 25 km/h. Beim Fahren hatte ich einen Fahrradhelm auf und habe während der Fahrt alle Motorradfahrer gegrüßt, aber die haben mich nicht zurückgegrüßt (lacht).

Die letzten Jahre haben Sie sehr gefordert. Angefangen bei der dramatischen Geburt Ihrer Tochter Matilda, die ständige Sorge um sie und ihren Vater Teoman, der im November 2021 starb und dann noch ihre Corona-Erkrankung, die Sie zwang, Weihnachten 2021 in Isolation zu verbringen. Wie haben Sie das alles verpackt?
Mein Vater hat immer gesagt: „Du kannst dich entscheiden, ob du Löwe bist oder Schaf.“ Und meine Entscheidung fiel auf den Löwen. Als mein Vater noch gelebt hat, hat er auch wahnsinnig viel ertragen und hat nie geklagt. Und da habe ich zu ihm gesagt: „Papa ich hoffe, dass ich deine Gene ein bisschen habe. Mit diesem Aushalten von all diesen Dingen.“ Und dann hat er mich anguckt und gesagt: „Ja Junge, das hoffe ich auch.“ (lacht) Und ein bisschen habe ich die wahrscheinlich auch, weil ich einfach nach vorne schaue und nicht zurück. Auch im Sinne meines Vaters und meines Schwiegervaters, der auch verstorben ist. Ich würde mir das auch von meinen Kindern wünschen, dass sie, wenn ich mal nicht mehr da bin, nach vorne gucken und ihr Leben leben. Ich vermisse meinen Vater natürlich jetzt, gerade was die politische Situation angeht, weil mein Vater unglaublich politisch war und wahnsinnig belesen. Und ich hätte gerne seine Meinung gehört zu den Konflikten, die wir momentan auf der Erde haben.

Sie haben lange Zeit in Köln gelebt und leben nun in Hamburg. Was waren die Gründe dafür, vom Rhein an die Elbe zu ziehen?
Der Grund war ganz klar Corona. Corona hat mich aus Köln vertrieben, weil „Alarm für Cobra 11“ eingestellt wurde. Und dann sind wir einfach in das Haus meiner Frau nach Hamburg gezogen. Es gab keinen Grund in Köln zu bleiben, weil man nicht wusste, was passiert. Es war ja alles auf Eis gelegt. Und dann haben wir uns gedacht: „Gut, dann vermieten wir. Wir müssen ja auch von was leben.“ Das Haus in Hamburg ist wunderschön, ich bereue es auch nicht, da wir ein großes Grundstück haben und ich hier auch mit meiner Kettensäge schnitzen kann. Ich mag das hier, auch die Nähe zum Meer, es ist wirklich schön.

Schnitzen? Heißt das, Sie formen mit der Kettensäge Dinge aus Holz?
Genau. Ich habe einen Baumstamm, und da schnitze ich mit der Kettensäge was raus. Ich bin aber noch weit entfernt, von dem, was ich eigentlich möchte. Es gibt da einen französischen Künstler, den ich sehr bewundere, der wirklich tolle Figuren aus Holz macht. Das würde ich auch gerne hinkommen. Da bin ich zwar noch weit entfernt, aber man kann sich die Sachen schon angucken, die ich mache (lacht).

Über was können Sie herzhaft lachen?
Über mich selber (lacht). Und über meine Kinder natürlich. Das ist so süß einfach, wie sie die Welt sehen. Wie meine Tochter neulich. Wir fahren einem Haus vorbei und ich sage: „Guck mal, was für ein schönes Haus.“ Dann sagt sie: „Kauf doch.“ Dann habe ich gesagt, ich könne das doch nicht einfach kaufen, das kostet doch viel Geld, was glaubst du denn, wo das Geld herkommt? Dann sagt sie: „Von da.“ und zeigt auf die Mittelkonsole. Da liegt bei mir immer Kleingeld für die Parkgebühren. Und sie glaubt, da kommt das Geld her. Das wäre natürlich schön (lacht).

Über was können Sie sich maßlos aufregen?
Unfreundlichkeit kann ich nicht leiden, Dummheit mag ich nicht und dass wir momentan 2,8 Millionen Kinder an der Armutsgrenze haben. Und dass dies schon seit Jahren der Fall ist. Die Regierung tut einfach zu wenig gegen die Armut in unserem Land. Das finde ich sehr bedauerlich. Wir sind die viertgrößte Industrienation der Erde, dass wir überhaupt sowas haben müssen wie die „Arche“, ist sehr bedauerlich. Da gibt es Handlungsbedarf – und zwar jetzt.

Ich war gerade beim RTL-Spendenmarathon. Dort kamen 41 Millionen Euro zusammen, auch Geld für das RTL-Kinderhaus, das ich in Rostock eingeweiht habe. Dann ist man wirklich stolz darauf, in diesem Land hier zu wohnen. In dieser Zeit hätte niemand gedacht, dass da so viel Geld zusammenkommt. Und das steht auch für die Bürger hier, das darf man nicht vergessen. Da kann man so viel über Deutschland meckern wie man will, aber es ist eines der spendenfreundlichsten Länder der Erde, glaube ich.

Stimmt es eigentlich, dass Sie kein Türkisch sprechen?
Das ist richtig, ja. Aber ich kann jemanden ganz süß beschimpfen. Das Lustige ist immer, ich habe einen Satz, den ich auf Türkisch sage. Und den scheine ich so gut auszusprechen. Der Satz bedeutet aber eigentlich: „Entschuldigung, meine Mutter ist Deutsche und mein Vater ist Türke, ich kann kein Türkisch!“. Aber immer, wenn ich den sage, reden sie weiter Türkisch. Manches verstehe ich, aber das ist verschwindend gering, also da kann ich viel besser Englisch.

Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?
Oh Gott, ich habe nie Pläne für die Zukunft gemacht, ehrlichgesagt. Ich würde gerne unsere Marke CobraEleven weiter nach vorne bringen. Unter cobraeleven.com verkaufe ich Merchandisingartikel wie Uhren, Hüte und auch Möbel. Zehn Prozent der Einnahmen möchte ich direkt an die „Arche“ oder Familien geben, um ihnen damit zu helfen. Das ist für mich eine Berufung. Dann werde ich mal gucken, was sich schauspielerisch so ergibt. Ansonsten schreibe ich meine Biografie und kümmere mich um meine Kinder, was ich früher nie gemacht habe. Früher habe ich immer viel gearbeitet und war nicht so oft zuhause. Und jetzt ist eine Zeit, in der ich mal so ein Leben lebe, wo ich große Teile auch mal zuhause bin und Zeit mit den Kindern verbringe. Das ist für mich auch neu. Ich habe jetzt mehr zu tun als früher, als ich gedreht habe. Ich kann nur den Hut ziehen, wenn Frauen sagen, ich bin „nur“ Hausfrau. Das ist irre. Den Alltag zu meistern ist ein 24-Stunden Job.

Menü schließen
Nach oben

Wir nutzen Cookies, um Ihnen die bestmögliche Nutzung unserer Webseite zu ermöglichen und unsere Kommunikation mit Ihnen zu verbessern. Mit Ihrer Zustimmung akzeptieren Sie die Verwendung von Cookies in Übereinstimmung mit unseren Datenschutzbestimmungen.

Privacy Settings saved!
Datenschutzhinweis

Wir nutzen Cookies, um Ihnen die bestmögliche Nutzung unserer Webseite zu ermöglichen und unsere Kommunikation mit Ihnen zu verbessern. Treffen Sie hier Ihre persönliche Präferenz:

Diese Cookies werden genutzt, um Funktionen der Website zuzulassen, die Ihnen eine auf Ihre Interessen zugeschnittene Nutzung ermöglichen. Des Weiteren hilft uns die Analyse des Nutzerverhaltens ebenfalls, die Qualität unserer Webseite zu verbessern.

Diese Cookies werden genutzt, um Funktionen der Website zuzulassen, die Ihnen eine auf Ihre Interessen zugeschnittene Nutzung ermöglichen. Des Weiteren hilft uns die Analyse des Nutzerverhaltens ebenfalls, die Qualität unserer Webseite zu verbessern.
  • _ga
  • _gid
  • _gat

Alle ablehnen
Alle akzeptieren