Kurzweiliges

Seit Ende Juni 2022 leitet Oliver Krischer (54) das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen. Er ist verheiratet und hat zwei Söhne. Bevor er den Ministerposten in der NRW-Regierung übernahm, war er Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck. Von 2013 bis 2021 fungierte er als stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Seit dem 1. Mai gibt es das Deutschlandticket, von dem Sie sagten, dass es den ÖPNV revolutionieren werde. Wie zufrieden sind Sie mit dem bisherigen Verlauf der „ÖPNV-Revolution“?
Millionen Menschen haben mittlerweile das Deutschland­ticket, darunter sind viele, die bisher den öffentlichen Verkehr nie oder nur selten genutzt haben. Das ist ein guter Start. Das Ticket scheint Menschen in relevanten Umfang weg vom Auto zum ÖPNV zu bewegen.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing sieht durch das Deutschlandticket einen dauerhaften Schub bei der Nutzung von Bus und Bahn. Teilen Sie diese Meinung?
Es ist noch zu früh, eine belastbare Aussage dazu zu treffen. Aber in jedem Fall konnte mit dem Deutschlandticket die Zahl der Fährgäste schon wieder über das Vor-Corona-Niveau hinaus gesteigert werden.

Das Deutschlandticket soll laut Ihrer Aussage, den Umstieg auf den ÖPNV erleichtern und klimafreundliche Mobilität fördern. Wird dieses Ticket das Mobilitätsverhalten der Menschen nachhaltig verändern und die Mobilitätswende vorantreiben?
Das Ticket wird eine zusätzliche Dynamik für die Mobilitätswende bringen. Es lenkt über den reinen Anreiz des attraktiven Preises hinaus Personen in den ÖPNV, weil der Zugang deutlich einfacher wird. Es gibt keinen Tarifdschungel und unflexible Abos mehr.  Aber klar ist auch: Das beste Ticket nutzt nichts, wenn der Zug oder die Bahn nicht fährt. Deshalb muss die Infrastruktur des ÖPNV weiter ausgebaut werden.

Es gab und gibt auch noch viel Kritik. Tickets für Schüler, Upgrades für Studierende und Sozialtickets sind auf den Weg gebracht. Wo muss beim Deutschlandticket Ihrer Meinung nach noch unbedingt nachgesteuert werden?
Es war und ist eine bemerkenswerte Gemeinschaftsleistung von Verkehrsunternehmen, Verkehrsverbünden, Branchenverbänden und der Politik, das für die Kundinnen und Kunden einfache, in der Umsetzung jedoch komplexe Deutschlandticket einzuführen. Und das in einer Rekordzeit. Jetzt ist es wichtig, dass die Finanzierungdes Tickets auch über 2023 hinaus auf eine solide Grundlage gestellt wird. Bislang fehlt die Nachschusspflicht des Bundes.

Stichwort Finanzierung: Bund und Länder stellen bis 2025 jeweils 1,5 Milliarden Euro bereit, um Einnahmeausfälle bei Verkehrsanbietern auszugleichen. Dennoch wird jetzt schon gemutmaßt, dass das Deutschland­ticket bereits im kommenden Jahr um einiges teurer werden soll. Besteht dann nicht die Gefahr, dass man die Kunden genauso schnell wieder verliert, wie man sie gerade gewonnen hat?
Derzeit gibt es keine Pläne für eine Preiserhöhung beim Deutschlandticket. Bund und Länder haben sich drauf verständigt, den Ticket-Preis jährlich zu überprüfen, so wie es auch bei anderen Tickets gemacht wird.

Wie kann der ÖPNV als Teil des Mobilitätsmix noch attraktiver gestaltet werden?
Die Nahmobilität hat in den vergangenen Jahren enorm an Bedeutung für die Menschen in NRW gewonnen. Wir wollen mehr Menschen auf die Schiene in die Züge holen. Das ÖPNV-Angebot muss deshalb deutlich gesteigert werden. Vor allem im ländlichen Raum. Hier muss der ÖPNV zum Teil erst noch geschaffen werden. Denn in vielen ländlichen Regionen reicht das ÖPNV-Angebot noch nicht aus, um auf das Auto zu verzichten. Bis 2030 soll der öffentliche Nahverkehr in NRW um mindestens 60 Prozent erhöht werden. Dazu zählt auch, dass stillgelegte Bahnstrecken reaktiviert werden. 223 Schienenkilometer wurden bereits wieder reaktiviert. Rund 200 Kilometer sollen in den kommenden Jahren noch hinzukommen.

Apropos Mobilitätsmix: Wie sieht eigentlich der persönliche Mobilitätsmix eines Verkehrsministers aus?
Nicht gut (lacht). Die Termindichte meines Jobs bringt es mit sich, dass ich viel zu viel mit dem Auto unterwegs sein muss. Immerhin wird auch der Dienstwagen jetzt ein reines Elektroauto, was ich privat schon seit vielen Jahren nutze. Eigentlich bin ich begeisterter Bahnfahrer, ich finde das die entspannendste Form des Reisens und mache es, wenn es in den Terminkalender passt.

Sie sind „ein Kind der Eifel“, wie Sie selbst sagen. Was bedeutet Heimat für Sie? 
Heimat ist da, wo man sich wohlfühlt, da wo man hingeht, wenn man es sich aussuchen kann. In der Eifel bin ich aufgewachsen und mit der Region verbinden mich sehr viele Erinnerungen und Erlebnisse, die mich sicher auch geprägt haben.

Wobei können Sie in Ihrer Freizeit am besten entschleunigen?
Ich bin Hobby-Ornithologe, also einer der gerne mit einem Fernglas durch die Natur läuft und urplötzlich begeistert ist, wenn er einen besonderen Vogel entdeckt. Das ist für mich Entspannung pur und wichtig, um den Kopf frei zu kriegen.

Über was können Sie sich maßlos aufregen?
Wenn Menschen rechtsradikale Gesinnungen verharmlosen und sogar offen mit ihnen sympathisieren.

Und über was können Sie herzhaft lachen?
Hoffentlich immer über mich selbst, wenn ich in ein Fett­näpfchen trete.

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